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Aarau

Die Stadt der schönen Giebel

Geschichte und Geographie der Stadt Aarau

Aarau liegt strategisch günstig auf einem Hügel an einer Engstelle der Aare. Nördlich und auf der anderen Flussseite befindet sich das Mittelgebirge des Juras, südlich von Aarau schliesst das eher flache Mittelland an. Abgesehen einiger Spuren der Römer, kann eine erste Besiedlung durch die Alemannen auf das 7. Jahrhundert datiert werden. Das Schlössli, das heute noch gut erhalten ist, wurde 1236 und 37 errichtet. Um 1245 kam es zur Gründung der Stadt durch das Adelsgeschlecht der Kyburger. Das in 1248 urkundlich erwähnte "Arowe" setzt sich aus dem Namen des Flusses (Arula) und dem Wort Ouwe (Au, Land am Wasser) zusammen. Mit dem Frauenkloster St. Ursula (1270) kann eine weitere, städtische Entwicklung nachgewiesen werden. 1264 verkaufte Agnes von Kyburg die Ländereien an ihren Patenonkel Rudolf I. von Habsburg, da sie keine männlichen Nachkommen hatte. 1283 wurden Aarau Stadtrechte verliehen, doch die Bürger waren ausser Stande, den Stadtverwalter (Schultheiss) selbst zu wählen.

In den nachfolgenden Jahren kam es zu Scharmützeln der Habsburger mit den Eidgenossen. 1386 starben einige Aarauer Bürger in der Schlacht von Sempach, in der die Habsburger den Eidgenossen unterlagen. Aarau und umliegende Dörfer wurden einige Male von Berner Truppen verwüstet. 1415 erlaubte König Sigismund die Eroberung der Gebiete durch die Eidgenossen, da die Habsburger durch den Schutz eines Gegenpapstes in Ungnade fielen. Bern übernahm die Herrschaft und erteilte Aarau eine gewisse Autonomie - so konnte die Gemeindeverwaltung einen Schultheiss bestimmen. Aarau war allerdings verpflichtet, eigene Truppen an Berner Feldzüge zu entsenden. Kurz nach der Reformation Berns stimmte eine knappe Mehrheit der Bürger von Aarau 1528 für die Einführung des neuen Glaubens. Aufgrund der zentralen Lage der Kleinstadt zwischen den reformierten Orten Bern, Basel und Zürich kam es ab 1529 in Aarau zu regelmässigen Tagsatzungen der reformierten Orte.

Im Zuge der französischen Revolution begehrten die Einwohner Aaraus sowohl gegen Industrielle als auch die Vorherrschaft der Berner auf. Denn in Aarau war die Schere beim Bildungsniveau und den politischen Rechten besonders hoch. Als die Franzosen 1798 in der Westschweiz einmarschierten, weigerte sich Aarau, Soldaten zu entsenden. Nachdem die Schlacht am Grauholz verloren ging, und französische Truppen die Schweiz besetzten, wurde die Helvetische Republik nicht zufällig vom Rathaus der Stadt Aarau ausgerufen. Die revolutionäre Stimmung in Aarau war derart gross, dass Aarau von den Franzosen tatsächlich zur ersten Hauptstadt der Schweiz gemacht wurde. Allerdings wurden in den nachfolgenden Jahren hunderte französische Soldaten einquartiert, zahlreiche Scharmützel fanden statt und plündernde Bauern versetzten die Stadtbevölkerung in Schrecken. Doch die kurze Herrschaft der Franzosen bis 1803 brachte auch Gutes: der Kanton Aargau wurde formiert, und Aarau erhielt ein staatliches Gymnasium und eine Bibliothek. Auch wenn Aarau den Titel als Hauptstadt wieder verlor, so förderten die ersten gesamtschweizerischen Institutionen in Aarau die Schaffung der modernen Schweiz mit der Bundeshauptstadt Bern.

Sehenswürdigkeiten in Aarau

In der Nähe des Bahnhofes befindet sich das Grossratsgebäude, das im Jahr 1826 bis 1828 errichtet wurde. Hier tagt das Aargauer Kantonsparlament.

Grossratsgebäude Aarau

Aus einer Gaststätte von 1739 entstand zwischen 1811 und 1834 das Regierungsgebäude gleich unterhalb:

Regierungsgebäude Aarau

Die Obere Mühle wurde um 1608 errichtet. Hier wurde zu Beginn Getreide gemahlen, doch 1893 ersetzte man das Wasserrad durch eine Turbine - aus der Mühle wurde die "Kraftstation", das erste Elektrizitätswerk der Stadt. Bereits 1907 wurde die Turbine wieder entfernt.

Obere Mühle

Der Obere Turm gilt als das Wahrzeichen der Stadt. Eine kleinere Version des Turms wurde vermutlich schon bei der Stadtgründung errichtet, eine erste Aufstockung fand um 1500 statt. Die Uhr wurde 1531/1532 eingebaut. Das Tor wurde übrigens erst ab dem Jahr 1804 durch die Nacht offen gelassen. Für den Strassenverkehr wurde die Öffnung 1928 verbreitert.

Oberer Turm

Die gut erhaltene Altstadt ist in Vierteln um zwei Hauptstrassen angeordnet, die von einer Ringstrasse eingefasst sind. Im 14. Jahrhundert erfolgte eine Vergrösserung; die alte Stadtmauer diente als Bausubstanz der neuen Häuser. Gut zu sehen sind zudem die bemalten Unterseiten der Dachgiebel, die Aarau zur Stadt der schönen Giebel macht. Die Bemalung ist ein Zeichen für den Wohlstand der Hauseigentümer. Die Tradition stammt womöglich aus dem 17. Jahrhundert.

Schöne Giebel in Aarau

Der Gerechtigkeitsbrunnen mit einer Justitia-Figur aus Sandstein wurde 1643 vom Bildhauer Heinz Henz geschaffen. Die Bemalung stammt von Balthasar Fisch.

Gerechtigkeitsbrunnen

Die spätgotische Stadtkirche wurde als dreischiffige Basilika zwischen den Jahren 1471 bis 1478 nach den Vorgaben der Bettelordensarchitektur errichtet.

Stadtkirche Aarau

Die interessante Aufteilung der Kirche ist im Innern ersichtlich. Die ansonsten karge Ausgestaltung wird durch Glasmalereien des Künstlers Felix Hoffman aus dem Jahr 1948 aufgelockert. Interessant ist zudem die Orgel, die in Teilen noch aus dem frühen 18. Jahrhundert stammt.

Stadtkirche Innen

Das ehemalige Kloster St. Ursula befindet sich unterhalb der Stadtkirche. Das mehrstöckige Gebäude (teilweise links im Bild) wurde im späten 18. Jahrhundert umgebaut. Heute befindet sich darin ein Altersheim. Anschliessend folgt der ehemalige Kapellentrakt und ein Rundturm, der Teil der Stadtbefestigung war. Dahinter befand sich der Klostergarten.

Kloster St. Ursula

Vorgelagert am äusseren Ring der Altstadt findet man auch das Haldentor als Überbleibsel der Stadtbefestigung:

Haldentor

Hier ist gut zu sehen, wie weit unterhalb sich die Haldenhäuser und das Haldentor befinden.

Haldenhäuser Aarau

Zurück auf der höher gelegenen Ebene trifft man auf das Rathaus. Dieses Gebäude entstand aus dem Turm Rore - einer mittelalterlichen Burg, welche die Stadt 1515 erwarb. Teile des Turms kann man heute noch erkennen.

Rathaus Aarau

Passend zur Strassenbezeichnung "Metzgergasse" findet man hier die Alte Schaal - das mittelalterliche Schlachthaus. Die heutige Gestaltung stammt aus dem 17. Jahrhundert. Geschlachtet wurde seit 1545 an diesem Ort. Heute befindet sich eine Kleinbühne sowie eine Caféteria im Gebäude.

Alte Schaal

Das Schlössli ist eines der ältesten Gebäude in Aarau. Der Turm aus dem 13. Jahrhundert besteht aus Findlingen und Aarekieseln. Im erweiterten Gebäude befindet sich heute das Stadtmuseum mit zahlreichen, interessanten Objekten aus der Geschichte Aaraus.

Schlössli Aarau

Das Haus zum Schlossgarten vis-à-vis ist tatsächlich das erste Bundeshaus der Schweiz. 1777 wurde es einstöckig erbaut, 1798 kaufte die Stadt das Haus und stellte es als Regierungssitz zur Verfügung. Nach der kurzen Periode der "Helvetik" wurde die Villa wieder an Privatleute verkauft.

Haus zum Schlossgarten

Das Zeughaus, das neben der Infanteriekaserne aus der Mitte des 19. Jahrhunderts steht, war ursprünglich ein Kornhaus. Das Relief beim Eingang zeigt Hans Herzog, der 1870 und 71 General der Schweizer Armee war.

Altes Zeughaus Aarau

Ganz in der Nähe befinden interessante Schulanlagen. Das Rauchensteinhaus, das heute den Namen seines Architekten trägt (Karl-Moser-Haus), weist Formen der deutschen Renaissance auf. Die angebaute Sternwarte ist neuklassizistisch.

Karl-Moser-Aarau

Das Tuchschmidhaus - besser bekannt als Albert-Einstein-Haus - beherbergt das Gymnasium der Stadt. Tatsächlich hat Albert Einstein 1896 in Aarau seine Schweizer Maturitätsprüfung mit sehr guten Noten bestanden (Ausnahme war Französisch).

Albert-Einstein-Haus Aarau