Sankt Gallen
Das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum der Ostschweiz
Geschichte und Geographie der Stadt St. Gallen
Die Stadt liegt idyllisch eingeschlossen von Freudenberg und Rossberg und den beiden Flüsschen Sitter und Steinach in einem Grüngürtel. In St. Gallen sind einige Höhenmeter zu überwinden, weshalb sie oft auch Stadt der tausend Treppen genannt wird. Vom Freudenberg aus kann man das schwäbische Meer und Süddeutschland erblicken.
St. Gallen soll 612 durch den Wandermönch Gallus gegründet worden sein. Die
Abtei St. Gallen datiert auf das Jahr 719. 1180 wurde St. Gallen zur Reichsstadt
erhoben. Im Jahr 1291 erlangten die Bewohner Bürgerrechte durch
Abt Wilhelm von Montfort. Im 14. Jahrhundert orientierte sich die Stadt Richtung
Bodensee: es wurde ein Bund mit Überlingen und Lindau geschlossen, der im
Verlauf des Jahrhunderts ausgedehnt wurde. Doch König Ruprecht löste ihn
auf. Zudem begehrte die Landbevölkerung gegen die Vorherrschaft durch den Abt
auf. 1454 trat St. Gallen der Eidgenossenschaft bei und zahlte eine Abfindung an
den Abt.
Die Stadt reformierte sich, doch das Umland blieb katholisch. Die freie Stadt
war in Konflikte mit dem Umland verwickelt, das weiterhin im Besitz der Abtei
war. Im Westfälischen Frieden erhielten insofern zwei St. Gallen die
Unabhängigkeit vom Deutschen Reich. 1798 ordnete Napoléon in der Helvetik das
Gebiet neu: die Länder der Abtei, der Stadt St. Gallen und auch Appenzells
ergaben den Kanton Säntis, 1803 wurde der Ringkanton St. Gallen gebildet. Die
Geistlichen der Abtei flohen mitsamt ihrem Vermögen nach Wien. Erst 1847
organisierten sich die Katholiken des Kantons und übernahmen das Eigentum am
Klostergebäude und an den religiösen Gegenständen des Klosters.
Die Textilindustrie brachte der Region im 18 Jahrhundert einen grossen Aufschwung, aber auch einige Krisen. Da der Absatz an Stoffen 1810 zusammenbrach, herrschte in St. Gallen Hunger. 2000 Leute starben. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre wanderten tausende Einwohner ab. Heute zählt die Stadt 77000 Einwohner und damit ungefähr wieder so viele wie 1910.
Sehenswürdigkeiten in St. Gallen
Die Altstadt von St. Gallen ist vom Bahnhof aus gut zu erreichen. In den zahlreichen Gassen sieht man zahlreiche, alte Häuser, die noch davon zeugen, wie reich die Stadt wurde, als hier Textilien hergestellt wurden. Auch der Strassenname - "Webergasse" - erinnert daran:
Die Altstadt ist in dieser Woche reich geschmückt, da gerade die OLMA (Schweizer Messe für Landwirtschaft und Ernährung) durchgeführt wird. Der Messetermin für diese interessante Veranstaltung mit landwirtschaftlichem Bezug liegt in den Schweizer Herbstferien Mitte Oktober. Durch die Multergasse mit ihren zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten gelangt man zur älteren Spisergasse:
Die zahlreichen Erker stehen für einen hohen Reichtum der damaligen Hausbesitzer:
In der Umgebung des Spisertors, das allerdings nicht mehr steht, kann man ein faszinierendes Schauspiel zwischen dem Turm der St. Laurenzen-Kirche und einer engen Gasse beobachten:
St. Gallens Stadttore mussten bereits vor einigen hundert Jahren weichen, da sie den Warenstrom zur und von der Stadt behinderten. Einzig das Karlstor erinnert an die Zeit, in der sich die Stadt noch wehrhafter zeigen musste:
Durch das Karlstor gelingt man direkt zum Stiftsbezirk St. Gallens, der 1983 zum Unesco-Welterbe erklärt wurde. Natürlich ist die Stiftskirche die wichtigste Sehenswürdigkeit von St. Gallen, doch auch die St. Laurenzen-Kirche, die nur wenige hundert Meter weg steht, bietet eine eindrückliche Architektur. Der Kern der Kirche stammt aus dem 12. Jahrhundert. Diese Kirche war dreihundert Jahre lang das politische, religiöse und gesellschaftliche Zentrum der reformierten Stadtrepublik St. Gallen:
Gleich nebenan, im Innenhof des katholischen Klosters steht die imposante Stiftskirche St. Gallus und Otmar mit ihren schönen Doppeltürmen. Der Sakralbau wurde zwischen 1755 und 1766 als Ersatz einer älteren Klosterkirche aus dem 9. Jahrhundert errichtet.
Der sehenswerte Aussen- und Innnenschmuck der spätbarocken Kirche wurde vom süddeutschen Bildhauer Johann Christian Wentzinger zwischen Rokoko-Stil und Klassizismus angefertigt, doch auch die etwas übermütige Konstruktion der Kuppel ist erwähnenswert, denn Statikprobleme führten bereits 1773 zum Einbau eines Gerüstes als kleine Korrekturmassnahme...
Im mondäneren Klostergebäude befindet sich der Eingang zur Stiftsbibliothek und dem Lapidarium:
Ein Besuch der Stiftsbibliothek ist sehr empfehlenswert, da Bibelabschriften aus dem 7. und nachfolgenden Jahrhunderten ausgestellt sind. Den Raum mit seinen knarrenden Dielen, der als schönster nicht-kirchlicher Barockraum der Schweiz gilt, darf man nur mit den zur Verfügung gestellten Überschuhen betreten. Auch das Fotografierverbot gilt es strikt einzuhalten, damit die alten Schriften erhalten bleiben:
Das Lapidarium befindet sich im Kellergewölbe des Gebäudes. Hier werden Bausteine noch älterer Kloster- und Kirchengemäuer gezeigt:
Z.B. kann man 12 reich verzierte Schlusssteine betrachten, die Teil der ursprünglichen Bibliothek aus dem 16. Jahrhundert waren:
Auch Spolien alter Kreuzgänge werden ausgestellt:
Die Geschichte des Stiftes St. Gallen in Wort und Bild:
Gleich an die Stiftskirche schliesst der St. Gallusplatz an, der von zahlreichen schönen Gebäuden gesäumt wird:
Ein wenig oberhalb befindet sich die Endstation der Mühleggbahn, mit dessen Hilfe man einige Höhenmeter auf dem Weg zur nächsten Sehenswürdigkeit überwinden kann:
Auf dem Wanderweg Richtung "Drei Linden" geniesst man diese herrliche Aussicht auf die Stadt und das etwa drei Kilometer entfernt liegende, schwäbische Mehr (dem Bodensee):
Hier liegen aber auch die Drei Weieren, die in der Blütezeit der Textilindustrie errichtet wurden. Badehäuser im Jugendstil erinnern noch an die besseren Tage:
Das Ensemble aus Manneweiher für Männer, dem Frauenweiher und dem Buebeweiher für Kinder lädt heute nur noch bedingt zum Baden ein. Der Manneweiher ist allgemein zugänglich, der Frauenweiher ist eine geschlossene Badeanstallt und der Buebeweiher ist dermassen zugewuchert, dass er aber nicht mehr zum Schwimmen genutzt werden kann. Allerdings friert er wegen der geringen Tiefe schneller ein und wird im Winter zuerst zum Schlittschuhfahren freigegeben.
Beim Rückweg über die Gesstreppe und dem Dreilindengässlein geniesst man einige Male den Ausblick auf die Altstadt von St. Gallen:
Am Stadtpark St. Gallen befindet sich das neoklassizistische Gebäude des Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen mit seiner bedeutenden kulturgeschichtliche Sammlung mit Fokus Nordostschweiz:
Nur wenige hundert Meter davon entfernt kann man ein Bad im zweitältesten Hallenbad der Schweiz von 1906 geniessen. Das Fassade des Volksbad wird von Fröschen und Nixen verziert. Der Bär - das Wappentier der Stadt - spielt in Form einer Skulptur im Innenraum mit dem Wasser:
Auf dem Rückweg zum Bahnhof kann man noch das älteste Bankgebäude der Schweiz aus dem Jahr 1741 besichtigen, das zuerst der Leinentuchhandel und Speditionshandlung von Caspar Zyli mit angeschlossenem Bankgeschäften gehörte. Unter dem Namen Wegelin - Emil Wegelin-Wild war ein Neffe des Gründers - widmete sich das Unternehmen dann nur noch dem Bankgeschäft. Doch unter dem Druck der US-Regierung zog sich die Privatbank Wegelin allerdings weitestgehend vom Markt zurück. Das Bankgeschäft firmiert nun unter dem Namen Notenstein als Tochter der schweizerischen Raiffeisenbank: